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Interview "Gesund älter werden" - Herausforderungen meistern

  • sandroflorin4
  • 9. Mai
  • 4 Min. Lesezeit

Interview mit einer Yoga Teilnehmerin, welche in den letzten Jahren, krankheitsbedingt, durch einen schwierigen Prozess gegangen ist und diese Herausforderung bemerkenswert gemeistert hat. Yoga war und ist Teil der Veränderung und Begleiter.

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1) Wie gingst du mit dieser Diagnose um und was hat sich dadurch in deinem Leben verändert?


2019 bekam ich durch einen Zufallsbefund die Diagnose chronisch lymphatische Leukämie (CLL). Die Diagnose war ein Schock und hat mir den Boden unter den Füssen weggezogen. Ich war vorher nie krank. Es dauerte eine Weile, bis ich die Krankheit einordnen und auch akzeptieren konnte. Ich war enttäuscht von meinem Körper, der mich im Stich gelassen hat, traurig und manchmal auch wütend, dass es mich getroffen hat. Ich habe sofort aufgehört mit dem Rauchen und meinen Alkoholkonsum stark reduziert. Bis 2023 war keine Behandlung nötig, dann haben sich die Blutwerte aber so stark verschlechtert, dass ich mich schweren Herzens für eine einjährige medikamentöse Therapie entscheiden musste. Auch das war sehr hart, weil ich mir bis dahin irgendwie einbildete, ich könne die Krankheit mit gesundem Lebensstil und Yoga in Schach halten.

Da ich teilselbstständig arbeite, musste ich meinen Energiehaushalt während des Therapiejahrs sehr gut einteilen. Ich lebte zurückgezogen, konzentrierte mich auf mich und meinen Heilungsprozess und war so oft wie möglich in der Natur unterwegs. Heute bin ich wieder gesund, aber meinen gesundheitsbewussten Lebensstil mit genügend Schlaf, regelmässiger Bewegung, Yoga und spiritueller Praxis habe ich beibehalten. Ich lebe heute das Leben, das ich mir vor 10 Jahren gewünscht habe. Ich arbeite von zu Hause aus, lebe ein stressfreies, selbstbestimmtes und erfülltes Leben.



2) Du hast ja weiterhin Yoga und Meditation praktiziert. Wie hat sich das ausgewirkt und was hat dir dabei geholfen?


Ich denke, das Fundament aus Yoga und Meditation war sehr entscheidend für den Heilungsprozess. Ich kam ziemlich gut durch das Jahr mit der Therapie, nur der Anfang und Schluss waren körperlich und seelisch sehr anstrengend und schwierig. Der Yoga und die spirituelle Praxis gaben mir Halt, Struktur und stärkten meine Resilienz. Ich konnte mich auf mein gutes Körpergefühl verlassen und mein Zustand war stabil. Als ich zu Beginn der Therapie körperlich und seelisch am Boden zerstört war und kaum die Arme heben oder richtig atmen konnte, übte ich trotzdem mehr oder weniger regelmässig. Es ist wichtig, dass man dranbleibt, ganz nach dem Motto «go easy, but go». Ich hörte viel Healing Sounds und Mantras, das tat meiner Seele unendlich gut.



3) Gegen Aussen hast du trotzdem stets ruhig, zufrieden, gut verankert und sehr ausgeglichen gewirkt. Wie hast du das geschafft und dies aus deiner Perspektive erlebt?


Ich habe stets versucht, positiv zu bleiben und dankbar zu sein für das, was ich habe. Dankbar, dass ich liebende und fürsorgende Menschen um mich habe, dass ich die beste verfügbare Medizin in Anspruch nehmen darf, dass ich nicht einen noch aggressiveren Krebs habe, der mich umbringt. Als es mir gelang, diese Haltung der Dankbarkeit und Demut einzunehmen, hat sich alles geändert und es wurde mir möglich, aus der Opferrolle herauszukommen und mein Leben so gut es ging weiter selbstverantwortlich und aktiv zu gestalten.

Es gab aber zwischendurch auch die schwierigen Momente, in denen ich weinte, verzweifelt und traurig war. Auch diese Gefühle gehören dazu und sollten nicht unterdrückt werden. Wenn man sie nicht festhält, gehen sie jedoch relativ schnell wieder vorbei.



4) Du warst 2024 mehrere Wochen in Indien, durch Ayurveda hast du den Heilungsprozess unterstützt. Wie hat sich dieser Aufenthalt auf Körper und Geist ausgewirkt? Was hat sich nachher verändert?


Ich ging unmittelbar nach Abschluss der Therapie für fünf Wochen nach Indien in ein Ayurvedic Hospital, um mich von der Therapie zu erholen und meinen Körper zu entgiften. Die Behandlungen waren ganzheitlich, sehr vielseitig, professionell ausgeführt und in der Wirkung unglaublich wohltuend. Ich konnte mich ganz darauf einlassen und mich dem Heilungsprozess hingeben. Es gab dort auch einen Therapeuten, der seelische Traumata auf einer energetischen Ebene heilen konnte. Das war für mich sehr hilfreich und ich konnte dadurch alte Wunden heilen. Die Energien fingen wieder an zu fliessen, die Selbstheilungskräfte wurden aktiviert. Mein Körper und Geist erhielten sehr viele wertvolle Impulse in Indien. Ich würde das wieder genau gleich machen.

Ich konnte mir seit der Rückkehr aus Indien viele gute Gewohnheiten aneignen. Viel von dem, was ich mir früher immer vorgenommen hatte, aber nie geschafft habe, im Alltag umzusetzen, gelingt mir jetzt. Darauf bin ich stolz.



6) Übst du die Asanas immer noch regelmässig (wenn ja, wie oft)?


Seit ich vor 7 Monaten aus Indien zurück bin, übe ich praktisch täglich mindestens eine Stunde Yoga.



5) Yoga ist ja auch ein Weg der Ganzwerdung. Wie hat sich das für dich in deinen Gefühlen, Gedanken und im Körper gezeigt?


Die Veränderungen, die ich spüre, sind erstaunlich. Ich kann mich wieder schmerzfrei bewegen, der Körper ist weich und beweglich geworden, die Asanas gelingen mir mit mehr Leichtigkeit, die Atmung ist vertieft, die Entspannung auch, die Energien fliessen wieder. Ich kann wieder konzentriert und ohne Brain Fog arbeiten und denken, bin entspannter, geduldiger, ausgeglichener, zufriedener. Ich bin auch durchlässiger und sensibler geworden, habe insgesamt eine bessere Wahrnehmung, lebe dadurch intensiver. Mir scheint, der Prozess ist noch nicht abgeschlossen, ich gewinne immer noch an Offenheit und Energie dazu, lerne täglich, wie die Dinge zusammenhängen und wie sich Körper und Geist verbinden.

Eine Freundin hat neulich nach einem Gespräch gesagt: «Mir scheint, als hätte Bullshit keinen Platz mehr in deinem Leben.» Sie hat recht. Die Zeiten, in denen ich mir und meinem Umfeld etwas vorgemacht habe, sind vorbei. Mehr denn je mache ich, was ich will. Mehr denn je lebe ich, was ich liebe. Es fühlt sich sehr befreiend an.



7) Was möchtest du anderen Menschen, welche schwierige Situationen und Herausforderungen zu bewältigen haben, auf den Weg mitgeben?


Ich möchte diese Menschen dazu ermutigen, aus der Opferrolle herauszukommen, indem sie ihr Schicksal annehmen und aus jeder Situation das Beste machen. Unsere Wege sind sehr individuell und es ist wichtig, ganz ehrlich mit sich selbst zu sein und das zu tun, was für einen stimmt. Eine Freundin von mir hatte sich entschieden, ihren Brustkrebs nicht mit schulmedizinischer Hilfe zu behandeln. Sie ist vor zwei Jahren gestorben. Auch das gilt es in letzter Konsequenz zu akzeptieren. Es ist wichtig, offen und cool zu bleiben, nichts zu überstürzen und für sich die richtige Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ich habe mich von Menschen inspirieren lassen, die ähnliches erlebt haben. Von Dr. Martin Inderbitzin, einem Neurobiologen, der seit 10 Jahren Bauchspeicheldrüsenkrebs überlebt hat, stammt das Motto «go easy, but go».


Vielen Dank für das sehr interessante Interview!

mf/05.25

 
 
 

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